Radtouren auf stillgelegten Bahntrassen in Taiwan
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XinYing ⸗ YanShui ⸗ JingLiao
Der zentrale und älteste Abschnitt des Radwegs ist die Verbindung vom Hauptbahnhof
XinYing 新營 über
YanShui 鹽水 bis zur ersten Fabrik der 'Ensuiko Sugar Refining' in
AnNei 岸内庄.
Auf diesen 9.6km wurde 1909 Taiwans erste reguläre Personenbeförderung auf einer Zuckerbahn eingeweiht.
Tickets: Japaner 15, Taiwaner 10 Yuan. Die Verlängerung bis zu den Salzfeldern von
BuDai 布袋 erfolgte 1913.
Dieser Abschnitt ist noch kein ausgewiesener Radweg aber ohne gefährliche Verkehrssituation zu fahren.
Fürs Radfahren gut ausgebaut dagegen die Strecke in die andere Richtung, 10km nach
JingLiao 菁寮.
Der genaue Verlauf auf openrouteservice.org :
〈1〉 Kirche G. Böhm, 〈3〉 Langer-Kurzer-Baum, 〈4〉 Schwanensee, 〈6〉 XinYing Bf,
〈8〉 Brückenstellwerk, 〈9〉 TaiZiGong Ost, 〈11〉 YanShui Bf, 〈12〉 AnNei,
〈13〉 YiZhu Bf, 〈15〉 PiQian Bf, 〈23〉 BuDai Salzfelder.
Zum vergrössern die Bilder anklicken // Click on Pics to enlarge
BuDai Salzgärten
Die Salzgewinnung aus dem Meer hat in Süd-Taiwan eine lange Tradition und wird in BuDai vom Verein
"Zhou Nan Salt Field" 洲南鹽場 im Kleinen weitergeführt.
Man kann dort selber schöpfen oder bestes "Fleur de Sel" probieren und kaufen.
https://taiwansalt.com
Zwei historische Fotos: Landkreis ChiaYi.
Fischteiche und Kanal
Von den Salzfeldern führt die Bahntrasse weg vom Meer zunächst als wenig befahrende Nebenstrasse.
An der Kreuzung mit der 161 der Haltepunkt DongGang, jetzt ist hier die lokale Farmers Association geschmückt mit einer
Dampflok als Wandmosaik.
Ab da gehts in die Landwirtschaft, schnurgerade vorbei an Fischteichen und Solaranlagen
bis zum XiQian Kanal 溪墘大排.
Das obere Foto blickt vom Damm des Kanals Richtung Küste. Das untere Foto zeigt die Bahntrasse auf der Ostseite.
Wir haben zur einzigen Person weit und breit rübergerufen:
Bist Du der Fährmann? Nee, er fische nach Krebsen.
PiQian zwischen den Maisfeldern
Der Haltepunkt PiQian besteht 2025 aus vier schicken Laternen,
einem zusammengefallenen Wartehäuschen und einer grünen Blechtafel versteckt im hohen Grass: 平溪
← 埤前 →
頭竹
PingXi ← PiQian → TouZhu
Links im Hintergrund die Alleebäume der fahrradfreundlichen Landstrasse 172 mit breitem Randstreifen.
YiZhu Station
Im YiZhu Bahnhof義竹車站 kamen
Gleise aus drei Richtungen zusammen. Ob er jedoch jemals so schön war wie jetzt als Fahrradrastplatz?
YanShui 鹽水車站
Ein gemütliches Plätzchen am Bahnhof YanShui.
Von hier ist es nicht weit zu den Gassen der Altstadt und dem Mond-Hafen Wasserpark.
Wörtlich übersetzt heisst der Ort sinnigerweise "Salzwasser". Romanisiert findet sich auch die Schreibweise
Ensui, Yanshuei oder Yenshue.
Letzte Fahrt auf der 21.5km langen BuDai Strecke 布袋線 war 1979.
Lagerhaus Ruinen
Die grossen Lagerhäuser der Zuckerfabrik gegenüber vom Bahnhof stehen schon seit einem Bombenangriff im 2. Weltkrieg als Ruinen.
Geld und Gaudi
Bei Zucker und Salz ging es in der Kolonialzeit auch immer ums grosse Geld.
Für diesen kleinen Ort ein imposantes Bankgebäude.
Fenstergitter in Bambusform - florale Motive des katalanischen Jugendstils
in YanShui's Altstadt.
Abendsonne
Beeilt euch, der Zug fährt gleich! Schüler am Bahnsteig YanShui.
TaiZiGong‑West 西太子宮車站 mit
dem Wartehäuschen aus dem Jahr 1922 dient jetzt als schattiger Pausenplatz.
Namensgeber ist der Kronprinz TaiZi der in seinem Tempel, 500m südlich von hier, jeden Sonntag
Abordnungen von anderen Tempeln empfängt. Knallerei, riesige Götterfiguren, Medien in Trance und
viel Musik mit Schalmei und Schlagwerk:
East TaiZiGong Station
Erst 1938 für die Arbeiter einer Papierfabrik eingerichtet der Bahnhof TaiZiGong Ost
東太子宮車站.
Schön renoviert und von einem keinen Park umgeben.
Zweigleisiger Gemüsegarten
Die Frühlingszwiebeln, Kohlrabi und Stangenbohnen wachsen prächtig im Gleisbett.
Etwas weiter am Ende der Kleingärten ein langgestrecktes Betongerüst.
Dort wurde das Salz aus den Schmalspurwagen zum Weitertransport auf Normalspur umgeladen.
Fabriktor
Das Eingangtor zur XinYing Zuckerfabrik mit Brückenstellwerk (1974) und der ChangQian Station.
Hier enden jetzt auch die Museumsfahrten über die weitläufigen Gleisanlagen.
Aufgebaut wurde die Fabrik und das 762mm Schmalspurnetz ab 1909 von der heute noch existierenden japanischen Firma Ensuiko Sugar Refining Co.Ltd.
Nach dem Abzug der Kolonialmacht übernahm 1946 die staatliche Taiwan Sugar Corporation den Betrieb.
Fussgängerbrücke
Jetzt im Dauerschlaf, Fussgängerbrücke und Schrankenwärterhäuschen.
XinYing Hauptbahnhof
Das stilvolle Bahnhofsgebäude der TRA aus dem Jahr 1976.
Gleich nebenan liegt das Gelände der Zuckerbahn und der Abzweig auf die Strecke
nach JingLiao.
US Militärkarte
Die amerikanische Militärkarte von 1944 basiert auf einer japanischen Karte von 1929.
Verwendet werden die aus dem japanischen transkribierten Ortsnamen:
Shinei = XinYing, Taishikyu = TaiZiGong, Ensui = YanShui,
Gannei = AnNei Zucker Fabrik, Gichiku = YiZhu (Yijhu).
Schwanensee
Der zweite Schmalspur Radweg vom Hauptbahnhof führt 8km nördlich nach JingLiao.
Am Schwanensee bietet der 'XinYing JingLiao Bike Path' 新營菁寮自行車道 einen
ersten romantischen Foto-Stop, abends mit Beleuchtung.
Das weisse Warnschild: "Achtung, giftige Schlangen kommen raus!"- na ja ...
Langer-Kurzer-Baum Stellwerk
Die Signalstation ChangDuShu 長短樹信號所
kontrollierte diesen entlegenen Bahnkreuzungspunkt. Sie war rund um die Uhr besetzt, hatte Schlafplätze und einen grossen Ofen.
Ein lokaler Unterstützerverein hat drinnen ein kleines Museum eingerichtet
und die Umgebung von "Langer Kurzer Baum" (wörtlich übersetzt) als Kinderspielplatz genutzt.
Am Ende des Radwegs gehts rechts auf der Strasse 82 nach HouBi.
Das hölzerne Bahnhofsgebäude dort stammt aus dem Jahr 1943 als der Ort noch japanisch Kōheki hiess.
Links gehts in den Ort JingLiao, eine perfekte Kulisse für die Gute-Alte-Zeit der 1960er.
Die TV-Serie 'The Making of an Ordinary Woman' wurde 2019 hier gedreht und lockt Fans aus ganz Asien in den Ort:
https://www.youtube.com/watch?v=6I3YHHMIgis
Westdeutsche Nachkriegsmoderne
Und dann am Ortseingang von JingLiao grüsst Gottfried Böhm der Architekt und Pritzker-Preis Gewinner.
Sakrale und brutalistische Betonbauten haben ihn berühmt gemacht.
Hier auf dem Land leuchtet die expressionistische Pyramide seiner "Holy Cross Church"
(Entwurf 1955, Bau 1960) weithin über die Felder.
Wir hatten den Franziskaner Pater Pidou spontan angerufen und, obwohl wir nicht
zu seinen Schäfchen gehören, ist er extra vorbeigekommen und hat uns begeistert durch die Kirche geführt
und die reiche Symbolik gezeigt.
Im kleinen Ausstellungsraum haben wir anhand der Fotos viel vom Bau und den architektonischen
Besonderheiten erfahren. Böhm stellte sich mit seinem Entwurf ganz bewusst gegen die traditionellen Bauweisen
und der taiwanische Architekt musste mit einiger Mühe die lokalen Handwerker überzeugen. Widmungstafel aus Essen .
Last update Jan. 2023 + 2025
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Auf dem Fahrrad: Martin Eickhoff & Stella Chiang
Bad Laasphe, Germany
martin (at) oakhouse.de